Die Sirenen ungebändigter Naturgewalt

Bei den Kunstpartnern in Adlmannstein sind die atemberaubenden Island-Bilder von Peter Lang zu sehen.

von Florian Sendtner, Mittelbayerische Zeitung vom 3. März 2023

Adlmannstein.   „Eigentlich eine kühne, unmögliche Idee, mal vom Wasser aus zu arbeiten“, sagt Peter Lang. Aber der oberpfälzer Künstler hat sie verwirklicht. Von Juni bis August 2021 umrundete er Island mit einem Fischerboot und malte dabei über 400 Bilder von der Küste. Langs „nautisches Pleinair-Projekt“ mit dem Titel „LANDSYN – Land in Sicht“ macht seitdem Furore. Eine Auswahl der Bilder war schon in verschiedenen Museen zu sehen, von der städtischen Galerie im Leeren Beutel bis zum Sprengelmuseum Hannover.

Am Sonntag (5. März, 11 Uhr) eröffnet nun in der Kunstpartner-Galerie in Adlmannstein (Landkreis Regensburg) die Ausstellung „Schiffsmeldungen“ von Peter Lang: „Zeichnungen, Grafiken, Malerei aus Island, zu Wasser und zu Lande“. 17 großformatige Bilder auf Büttenpapier von der Island-Umrundung sind zu sehen, garniert mit kleineren, zuvor entstandenen Druckgrafiken, die ebenfalls isländische Landschaften zeigen. Peter Lang war schon jahrelang immer wieder auf Island unterwegs, bevor er sich aufs Meer hinauswagte.

Auf der Internetseite von Peter Lang gibt es ein sechsminütiges Video, auf dem der Künstler bei der Arbeit auf Deck zu sehen ist: Er steht in einem offenen Zelt vor einem Maltisch, hält sich mit der Linken an einem Seil fest, mir der Rechten malt er. Wie kann man auf so einem kleinen Boot – die Pall Helgi ist 16,5 Meter lang und 4,5 Meter breit – zeichnen und malen? Peter Lang sagt selbst dazu: „Ich wusste nicht, ob es überhaupt möglich ist.“ Doch dann stellte er fest: „Der Seegang, vor dem ich am meisten Angst hatte, dieses ewige Schaukeln, befördert eigentlich meine Arbeit, lässt kein Zaudern zu.“ Er fügt hinzu: „Man muss voll konzentriert arbeiten, man kann sich auf keine Details versteifen, man muss schnell entscheiden und zupackend arbeiten.“

Wenn man Peter Lang in dem Video sieht, wie er sozusagen malend in den Seilen hängt, denkt man unwillkürlich an Odysseus. Und es stimmt auch: Die Küste Islands, vom schwankenden Meer aus gesehen, übt eine regelrechte Sogwirkung aus, die Sirenengesänge der ungezügelten Natur locken – und sind jederzeit bereit, Maler, Crew und Boot zu verschlingen oder an den Felsen zerschellen zu lassen. Peter Lang sagt. „Die wilde Seefahrt haben wir dank der umsichtigen und professionellen Kapitäne unversehrt überstanden, was ein Glück ist.“

In Adlmannstein, vor allem im Schaulager, ergeht es jetzt dem Besucher wie Odysseus: Links und rechts locken die ungestümen Küstenlandschaften, umbraust von der See. Die Anziehungskraft ist physisch zu spüren, auch wenn sie auf Arches Rives Bütten und im Format 80 mal 120 Zentimeter gezeichnet und gemalt ist.

Die kleineren, älteren Druckgrafiken dazwischen, die an Goya erinnern, sind nicht minder ausdrucksstark und verweisen darauf, dass die Faszination der reinen, rohen, von Menschenhand unberührten Natur die Künstler auch schon im 18. Jahrhundert gepackt hat.

Der Wechsel der Farben und Formen ist unbeschreiblich, spektakuläre expressive Kontraste stehen neben diffizilen impressiven Nuancen. Peter Lang zufolge sind sie in ruhigerem Fahrwasser entstanden.

Durch eine selbst entwickelte Rahmentechnik ohne Glas scheinen die Bütten an der Wand zu schweben, was die Unmittelbarkeit der Bilder noch steigert. Man ist mitten in der Situation, die dem Maler eine enorme Kraftanstrengung und gleichzeitig „eine präzise Wahrnehmung und blitzartige Umsetzung abverlangte“.

Kaum je hat sich ein Künstler so intensiv mit der ungezügelten Natur eingelassen, die alles andere als gefälliges Sujet ist. Wenn man es künstlerisch mit ihr aufnimmt, schaut man in einen Abgrund. Die menschliche Großmannssucht ist angesichts der ungebändigten Naturgewalt wie weggeblasen. „Macht euch die Erde untertan!“ – Da kann die Erde nur lachen. Unter allen unfreiwillig komischen Sätzen in der Bibel ist das der lächerlichste.

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