Peter Lang – Nordlicht. Zeichnungen

Die isländischen Zeichnungen von Peter Lang im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern

Von Theo Schneider, SWR Kultur Regional am 1.4.2015

Peter Lang ist ein Landschaftsmaler im besten, im radikalen Sinn. Ein Nachfahre von Casper David Friedrich und William Turner. Mit seinem Mal- und Wohncontainer lebt er monatelang in der Wildnis wilder Landschaften und malt bis zu zehn Quadratmeter große Bilder. Die hatte 2009 auch die Pfalzgalerie in Kaiserslautern ausgestellt.

Schwarz-weiß und wuchtig hängen sie an den Wänden, behaupten sich selbstbewusst im Raum, Ruhe und Kraft strahlen sie aus – diese neuen Arbeiten von Peter Lang.

Arbeiten, die er in dieser Form, in dieser Technik zum ersten Mal produziert hat. Zum ersten Mal Zeichnungen eines Landschaftsmalers, den wir in den vergangenen Jahren vor allem als einsamen Kämpfer mit Leinwänden und Pigmenten gegen Stürme, Hitze und Kälte in Navarra und Norwegen, in Patagonien und Island kennengelernt haben.

In diese abgelegenen, elementaren Landschaften zieht er sich monatelang zurück und malt. Fern der Zivilisation ist sein Zuhause und Atelier; ein selbst entworfener Container – mit Vorzelt – der alles enthält, was er zum leben und Arbeiten braucht. Allein schon dieses transportable, acht Tonnen schwere Domizil ist ein Kunstwerk und der Aufenthalt darin eine Performance. 2011 konnten wir es im Rahmen seiner Ausstellung im Ludwigshafener Wilhelm Hack Museum bestaunen.

Peter Lang wurde 1965 im bayerischen Holzkirchen geboren und hat an der Akademie in München studiert. Dass er Maler werden wollte, wurde ihm als junger Mann auf einer Reise durch Island klar: Dort, im Westen der Insel, in Hellissandur unter dem magischen Vulkan des Snaefellsjökull fiel die Entscheidung. Und dorthin kehrte er nun nach über dreißig Jahren zurück, um ein Jahr lang, von Mai 2012 bis Juni 2013 auf dem windzerzausten Flecken zwischen Gletscher und Küste zu malen: Bis zu 2 x 5 Meter große Bilder menschenleerer Natur, die die erhabenen Landschaften von Caspar David Friedrich und die betörenden Lichtstimmungen eines William Turner in die Malerei der Gegenwart fortzuschreiben versuchen.

Zum ersten Mal hat Peter Lang bei diesem Aufenthalt unter dem Vulkan, in dem schon Jules Verne seine fantastische Reise ins Innere der Erde beginnen ließ, nicht nur große Gemälde, sondern auch Zeichnungen produziert. Deren Maße mit 80 x 120 Zentimetern auch nicht gerade klein sind. Und die nun in der Pfalzgalerie zum ersten Mal öffentlich gezeigt werden.

Darauf sehen wir oft nur Andeutungen von Landschaften: Die Ahnung eines Bergs. Klippen die aus dem Meer ragen. Oder ist es scharfkantiges Gestein im Schnee? Steil stürzenden Klüfte. Schroffe Felsen. Urtümliches Land. Unbewohnt. Feindlich wie die Oberflächen ferner Planeten. Und an die unheimlichen Landschaften von Fantasy-Märchen erinnern entfernt einige dieser Arbeiten. Vielleicht auch dies ein Echo der sagenumwobenen elfen- und geisterbewohnten Gegend, in der sie entstanden.

Das Halbrund einer Bucht. Wasser, Wellen – vielleicht? Manchmal sind es nur Verwirbelungen, ein Gewirr von Linien, Ströme, ein Steigen und Fallen, ein Aufscheinen und Dunkeln, verwischtes Grau, tiefes Schwarz.

Es ist kein Zufall, dass diese Bilder auf den ersten und auch auf den zweiten und dritten Blick viel mehr Holz- oder Linolschnitten gleichen als Zeichnungen. Ihre großen sehr malerisch wirkenden Flächen, ihre breiten, tiefen und schwungvollen Konturen, in denen man die Gesten kraftvoller Hände spürt, sind Resultat ihrer Entstehung in lebens- und malfeindlichem Ambiente. Und Peter Lang ist alles andere als ein Maler, der mit Staffelei und Picknickkorb in Frühlingslüften säuselt. Er sucht den Sturm. Und Formen und Techniken dieser Zeichnungen sind Zeugen dieser Bedingungen: Im ständigen Wind der Insel drückt er vor den Motiven mit einem Falzbein aus Walfischknochen Umrisse, Linien, Kerben, Kanten in das weiche Büttenpapier. Und erst zurück im Zelt wird dieses Relief aus Bütten weiter bearbeitet: mit Tinte beschüttet, getunkt, verwischt, gepresst, verdünnt und verdichtet und weiter geritzt.

So entstehen diese schwarz-weißen Landschaften: als Actionpainting im Clinch des Malers mit den Naturgewalten, mit dem Material und wohl auch mit sich selbst. Das Ergebnis ist Kunst. Gute Kunst.

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