Im Malrausch an den Grenzen der Welt

Der Landschaftsmaler Peter Lang (46) hat einen Überseecontainer zum Atelier umgebaut und darin die Geheimnisse von Patagonien entdeckt.

Von Ernst Fischer, MZ vom 24.5.2011

Gleissenberg. Der Mann hat Farben entdeckt, die er „noch nie gesehen“ hat: „Grüns, die eigentlich gar nicht zusammenpassen“, zum Beispiel. Oder „Farbklänge zwischen Aschbraun, Caput Mortuum und Türkis“. Dabei kennt sich Peter Lang aus mit Farben. Der Mann ist Maler.

Ein Mann im „Malrausch“: Peter Lang (46) hat selber kein anderes Wort dafür. Der Maler aus Gleißenberg (Landkreis Cham) hat ein „großes Abenteuer“ hinter sich. Sechs Monate von November bis April hat er gerade in Patagonien im Süden von Chile gelebt und nichts anderes getan als „gegessen, geschlafen und gemalt, gemalt, gemalt…“

Es war eine Weltpremiere. Peter Lang war in einem „Atelier-Container“ unterwegs. PRC ist das Kürzel dafür: Peters Reise Container. Lang hatte selbst die Idee dazu. „Landschaften sind meine Leidenschaft.“ Das war der Auslöser für die Erfindung. Dieser Mann sucht „das Geheimnis jeder Landschaft“. Und: „Geheimnisse sind verborgen, nicht leicht auszumachen. Man muss da sein, da bleiben, sich einleben.“

Problem der Beförderung

Peter Lang weiß das. Er hat sich schon öfter „eingelebt“ in Landschaften und ihr Geheimnis – in der einsamen Bergwelt der Pyrenäen oder der Schweizer Alpen, in den tiefen Gründen norwegischer Fjorde. Und am Ende gab es immer ein Problem: „Ich konnte nur so viele und so große Bilder mit nach Hause nehmen, wie in meinem Ford-Transit passten.“

Man muss wissen: Peter Lang mag großformatige Bilder, gerne zwei Meter hoch und weit über fünf Meter breit. Und er hat noch längst nicht alle Landschaften dieser Welt entdeckt. Patagonien zum Beispiel – da kommst du mit dem Ford-Transit schlecht hin.

Daher die Idee für den Atelier-Container! Peter Lang macht ein Ideal daraus. Er wolle „an die Grenze gehen“, beschreibt er die Intention bei seinen Mal-Entdeckungsreisen. Die Expedition nach Patagonien war so ein Grenzgang. Ein umgebauter Übersee-Container als „Symbol des modernen Industriezeitalters“ fast am Rande der Welt am südlichen Polarkreis. Da verlieren sich die Grenzen zwischen Zivilisation und Naturgewalten.

„Patagonien hat es mir nicht leicht gemacht“, sagt Peter Lang. Da ging‘s zuerst um eher prosaische Fragen. Auch in Chile darf man einen Überseecontainer nicht einfach so in die Landschaft stellen. Lang hatte sich daheim schon die Halbinsel Levican mit dem zweitgrößten See Südamerikas als Ziel ausgesucht. Aber drüben war er dann erstmal Wochen mit einem gemieteten Kleinbus unterwegs, bis er einen Farmer fand, wo er mit seinem Container ein halbes Jahr campieren durfte.

Und da war ja noch die Natur! Wollte sie sich wehren gegen diese Grenzüberschreitung – mit Kälte und Wind? Peter Lang hat von November bis April „nur zehn Tage ohne lange Unterhosen“ gezählt. Und dazu zerrten heftige Böen ständig an Atelierzelt und Nerven. Das alles führte zum „Versagen verbalen, nichtvisuellen Denkens“, wie es Peter Lang formuliert. Er hat mit dem besagten „Malrausch“ reagiert. 79 Bilder sind in fünf Monaten entstanden. Die Serie hat einen Namen: „Vergiss die Worte“. Denn: Das Malerlebnis sei so intensiv gewesen, „dass jede Art anderer Gedanken, anderen Empfindens ausgeschlossen war“.

Warum nicht auf den Wolkenkratzer ?

Die Bilder sind Mitte Mai nach 17000 Kilometern auf Sattelschlepper und Schiff im Container am Rheinhafen in Ludwigshafen angelandet. Dort im Wilhelm-Hack-Museum werden sie ab 23. Juni in einer ersten Ausstellung gezeigt. Und Peter Lang hat schon neue Pläne. Das Projekt mit dem Atelier-Container sei auf zehn Jahre angelegt. Landschaften, deren Geheimnis er noch entdecken will: Island zum Beispiel, die Namib-Wüste in Afrika oder der Baikalsee in Russland. Und ein Freund hat ihm gesagt: „Warum sollte man den Container nicht auch mal auf einem Wolkenkratzer aufstellen – mit Blick auf die Landschaft einer großen Stadt?“

„Ein Maler muss immer unterwegs sein“, sagt Peter Lang, „…auf der Suche nach neuen Standorten, nach neuen Perspektiven“. Denn: „Nur so kann man seinen eigenen Standort immer wieder neu selbst bestimmen.“

Das gilt für den Maler! Das gilt aber auch für seinen Betrachter. Nicht selten wird Peter Lang gefragt: „Warum sind auf deinen Bildern eigentlich keine Menschen zu sehen?“ – „Wieso?“, fragt er dann gern zurück: „Da ist doch einer: Du, wenn Du das Bild anschaust!“

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