Fenster zur Landschaft

Dr. Bärbel Kleindorfer-Marx, im Katalog Peter Lang – Farbholzschnitte auf Papier und Leinwand, München 2005

Durch die verglasten Schiebetüren seines Ateliers blickt Peter Lang weit in die Landschaft des Oberpfälzer Waldes, auf einen nach Süden hin offenen Talkessel, auf die Bergketten bis hin zum Haidstein. Waldberge und Wolkengebilde – die Fenster des transluzenten Wohn- und Atelierhauses schneiden ihm schöne Bilder aus der Landschaft, rahmen Ansichten ein, die Peter Lang zu seinen Holzschnitten reduziert.

Der Natureindruck, das Beobachten von Wolkentürmen und Farbschichtungen am Himmel, das zeichnerische Erfassen eines Wasserfalls, das Aufspüren von Felsen, Flechten und Moosen in den Waldbergen, ist die Arbeitsgrundlage für seine konkrete Kunst. Das Beobachten von Naturzuständen, sei es auf Spaziergängen oder erlebt durch die Rahmung der Fenster, die gleichsam den Beobachtungsraum fokussieren, führt zur konkreten Bildidee. Peter Lang betont diesen erlebten Ansatz, der Wesentliches aus dem alltäglichen Umfeld zieht und der ein malerischer, kein intellektueller, auf der Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte beruhender ist.

Leben und Arbeiten auf dem Dorf – zu diesem Experiment hatten sich Peter Lang und seine Familie mit dem Umzug von Miesbach nach Gleißenberg im Landkreis Cham entschlossen. „Bayerisches Meran“ – die Anmutung des schon Ende des 19. Jahrhunderts als Sommerfrische beliebten Ortes kommt in dieser romantischen, auch für nicht wenige andere Orte eingebürgerten Bezeichnung zum Ausdruck. Ganz pragmatisch hatte die Familie Lang den 1000-Seelen-Ort unweit der Grenze zu Tschechien als entsprechenden und ansprechenden Lebensraum gewählt.

Der Münchner Architekt Florian Nagler schuf mit dem „Plastikhaus“, einem sparsamen Holzbau, dessen Wände aus lichtdurchlässigen Stegplatten, Polycarbonatelementen, bestehen, die adäquate Hülle für das Wohnen und Arbeiten der Familie. Die transparenten Wände ermöglichen helle Räume; das Atelier unter dem Dach erfährt durch die transparenten Giebelseiten eine ganz eigene Lichtflut und gewährt die Peter Lang so anregenden Blicke in die Landschaft.

Doch nicht nur die vom Fenster gerahmten Ansichten, die Ausblicke auf die Landschaft des Oberpfälzer Waldes, fließen in die Arbeiten Peter Langs ein, auch der Grundriss des Hauses spiegelt sich gleichsam in den Holzschnitten wieder: In eine quadratische Grundform spannt sich der Hauptraum des Hauses kreuzförmig von allen vier Seiten der Fassade. Der neutrale Grundriss scheint ein Umsetzten und Umordnen der Räume herauszufordern und zu ermöglichen, so wie in den Holzschnitten die Formen immer neu angeordnet werden können.

Die Architektur des Wohn- und Atelierhauses schafft Fenster zur Landschaft, rahmt Bilder ein. Peter Lang sitzt an seinem Arbeitstisch im Atelier und setzt Wolkenschichtungen und Farbstimmungen in Skizzen und Zeichnungen, die Grundlagen für seine farbigen Holzschnitte um. Natureindrücke reduzieren sich zu Farben und Formen. Die Holzschnitte werden uns Fenster zur Landschaft.

Bärbel Kleindorfer-Marx

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